Nicola Tams (Stipendiatin seit 01.06.12)
,Freundschaft‘ in den Briefen und Texten Derridas
Angaben zur Person
- 06/12-05/15 Stipendiatin des DFG-Graduiertenkollegs 1288 Freunde, Gönner, Getreue der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
- 11/2011 Erlangung der Magistra Artium mit der Abschlussarbeit im Bereich Kulturtheorie/Philosophie zum Thema Gabe und Performativität. Widersprüchliches Handeln zwischen Lassen und Tun
- 2004-2011 Studium der Angewandten Kulturwissenschaften (Kulturtheorie & Interkulturelle Studien, Sprache und Kommunikation, Kulturinformatik) und Philosophie an der Universität Lüneburg und an der Universidad ARCIS, Santiago de Chile
Publikation
Hobuß, S., & Tams, N. (Hrsg.) (2014). Tun und Lassen.: Kulturphilosophische Debatten zum Verhältnis von Gabe und kulturellen Praktiken. transcript.
Dissertationsprojekt
Begriff und Praxis der Freundschaft bei Derrida – Eine Analyse von Briefen, Gesprächen und Nachrufen in der Konstellation um Jacques Derrida.
Erstbetreuer: Prof. Dr. Hans-Helmuth Gander
Tutorin: Prof. Dr. Sylvia Paletschek
In meinem an der Schnittstelle von Literatur- und Philosophiegeschichte angesiedelten Dissertationsprojekt beschäftige ich mich mit dem Begriff und der Praxis der Freundschaft bei und um Derrida. Zum einen möchte ich Derridas Freundschaftsbegriff beleuchten, zum anderen die Konstellation der Schriftsteller und Philosophen um Derrida, Levinas, Bataille und Blanchot mit dem Verfahren der Konstellationsforschung untersuchen.
An erster Stelle beabsichtige ich, mich Derridas Freundschaftsbegriff textexegetisch anzunähern, dem er sich nicht nur in Politik der Freundschaft (2002), sondern auch in seiner Beschäftigung mit der Gabe widmet. Derrida grenzt sich von Aristoteles ab und wendet die griechische philía zur zunächst einseitigen Gabe um, die darin besteht, sich auf den Anderen einzulassen, um dann zu jener Wechselseitigkeit zu gelangen, die die Freundschaft ausmacht. In der Freundschaft gehen wir im Anderen auf, und nehmen gleichzeitig eine unüberwindliche Distanz wahr. Es ist bei Derrida besonders der Verlust der Kontrolle, der die Freundschaft kennzeichnet, nicht der Zu- oder Übergriff auf den Anderen.
Diese Analyse vertiefende Fragen werden sein: Welches Freundschaftsverständnis schlägt Derrida abseits der asymmetrischen, hierarchischen eines Gönners oder Wohlmeinenden und der symmetrischen der Getreuen vor? Ist Reziprozität notwendig für Freundschaft?
An zweiter Stelle zielt mein Vorhaben auf eine Analyse des Freundschaftsnetzes ab, in das Derrida selbst eingebunden war. Dies soll vor allem vor dem Hintergrund geschehen, dass Derrida selbst wiederholt deutlich gemacht hat, dass seine persönlichen Beziehungen und Freundschaften eine große Rolle für sein Schreiben hatten. Zur Analyse schlage ich die von Dieter Henrich entwickelte Konstellationsforschung (1991) vor. Henrich entwickelte dieses Verfahren am Gegenstand des Idealismus, um damit den Zusammenhang von Lebensproblematiken und von den in diesen Denkräumen eingenommenen Theorieperspektiven zu beleuchten. Bei der Übertragung auf die Konstellation um Derrida, Levinas, Bataille und Blanchot sollen folgende Fragen im Zentrum der Analyse stehen: Um welche Lebensproblematiken geht es in den Briefen im Kreis von Levinas, Blanchot, Derrida und Bataille und welche Schlüsse auf das Verhältnis der Autoren zueinander legen sie offen? Welches sind die kulturellen, religiösen, geschichtlichen und politischen Hintergründe dieser Korrespondenzen? Und wie lässt sich Derridas Beschäftigung mit dem Begriff der Freundschaft in diesen Kontext einordnen?
Absicht des Promotionsprojekts ist die Anwendung und Erprobung der Konstellationsforschung für ein neues Gebiet. Dabei soll der Kritik Henrichs an rein werkgeschichtlichem Arbeiten innerhalb der Philosophie- und Literaturgeschichte Rechnung getragen werden. Die Analyse der Briefwechsel, Gespräche und Nachrufe soll bestimmen helfen, wie Praktiken der Freundschaft und die in Derridas Kontext entwickelten Begriffe zusammenhängen.