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Catrin Kersten (Stipendiatin 01.12.2006 - 14.07.2010)

Freundschaft und Beratung. Studien zu ihrer historischen Semantik und literarischen Darstellung (Gracián, Knigge, Goethe)

Aktuelle Tätigkeit

catrin.kersten@uni-siegen.de

wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt Boulevard, Bohème und Jugendkultur. Verhandlungen von Massenmedialität und Marginalität an der Universität Siegen

Auszeichnung

Catrin Kersten hat den Historikerpreis der Camilla-Dirlmeier-Gedächtnisstiftung 2010 erhalten. Er wurde am 18. November 2010 im Rahmen des Jahresempfangs der Universität Siegen vergeben.

Dissertation

Freundschaft und Beratung. Studien zu ihrer historischen Semantik und literarischen Darstellung (Gracián, Knigge, Goethe)

Betreuer: Prof. Dr. Georg Stanitzek (Universität Siegen)

Zweitgutachter: Prof. Dr. Andreas Gelz (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Tutor in Graduiertenkolleg: Prof. Dr. Wolfgang Eßbach (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Promotion abgeschlossen im Juli 2010

Gesamtnote: summa cum laude

Die Arbeit geht aus von dem Befund, dass in der Freundschaftstradition der Freund als der ideale Berater gilt, wie umgekehrt in der Beratungstradition der ideale Berater in Formeln der Freundschaftssemantik beschrieben wird. Sie untersucht diese Verschränkung von Freundschaft und Beratung anhand von Texten von Miguel de Cervantes, Baltasar Gracián, Adolph Freiherr Knigge, Johann Wolfgang Goethe, Joachim Heinrich Campe und Kathrin Röggla.

Die tradierte Freundschaftssemantik zeigt dabei eine Uneindeutigkeit, die die Autoren auf verschiedene Weise fruchtbar machen: Während bei Gracián Freundschaft vor allen Dingen unter dem Aspekt ihres Nutzens und stets in Verbindung mit bzw. in ihrer Umschlägigkeit in Feindschaft erscheint, tritt sie bei Knigge als Menschenfreundschaft auf, die gesellschaftlichen Zusammenhalt fundieren soll. Entsprechend unterscheiden sich die jeweiligen Konzeptionen von Beratung; ist es dort der Rat des zurückgezogenen Weisen an sich selbst, der ausschließliche Gültigkeit beanspruchen kann, so gilt freundschaftliche Beratung hier einem jeden sozialen Gegenüber, als Hilfestellung zur Integration in die freundschaftsbasierte Gesellschaft. Goethes Drama Torquato Tasso konfrontiert in den differierenden Freundschaftsauffassungen der Figuren diese unterschiedlichen Stoßrichtungen und zeigt gerade durch die daraus entstehenden Konflikte, wie missverständlich Freundschaft sein kann, und wie sich dann auch Beratung, die aufs Engste mit Freundschaft verknüpft ist, nur schwer abgrenzen lässt von anderen Formen der Wissens- und Erfahrungsvermittlung.

Wenn sich so der Rat als ebenso unbestimmbar erweist wie die Freundschaft, so verdeutlicht dies auch die Frage nach der Gattung der Ratgeberliteratur. Die Dissertation widmet sich, anhand der Traktate von Gracián und Knigge und vor dem Hintergrund der rhetorischen Gattung der Beratungsrede, der Frage nach ihren Charakteristika und Kommunikationsstrategien; sie bestimmt diese insbesondere anhand eines symmetrischen Verhältnisses zwischen Text und Leser, das die Texte durch die Wahl der Gattung (z.B. des Aphorismus bei Gracián) und paratextuelle Elemente (wie Vorreden, Leseranreden usw.) schaffen. Der graciánsche Aphorismus ebenso wie Knigges Tendenz ins Pädagogische zeigen, dass sich Beratung – auch in ihrer literarisierten Form – bei aller Betonung der freundschaftlichen Freiwilligkeit der Autorität gleichwohl nicht entledigen kann, und so nur schwer unterscheidbar ist von Erziehung oder Befehl.

Diese Ambivalenz von Freiwilligkeit und Autorität zeigt schließlich auch die abschließende Betrachtung von Kathrin Rögglas Stück junk space, das sich, vor dem Hintergrund neoliberalistischer Entwürfe des „unternehmerischen Selbst“ (Ulrich Bröckling), der Figur des Coachs zuwendet, in der die tradierte Verbindung von Freundschaft und Beratung eine Fortsetzung findet.

Kontakt
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    Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
    DFG-Graduiertenkolleg 1288
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    Rempartstr. 15 - KG IV
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