Andreas Haller (Stipendiat seit 01.Juni 2014)
Mythische Räume der Gesetzlosigkeit
Dissertationsprojekt
Mythische Räume der Gesetzlosigkeit
Mein Dissertationsprojekt nimmt Konstellationen von gesetzlosen Räumen in der abendländischen Literatur in den Blick. Die Frage ist, wie im Mythos des Sozialbanditen, des guten Gesetzlosen, alternative Vorstellungen von sozialer Ordnung, jenseits des rechtlich gehegten Territoriums des Staates zum Ausdruck, kommen.
Obwohl der Sozialbandit im Sinne Eric Hobsbawms ein Phänomen des Umbruchs von agrarischer zu moderner Industriegesellschaft ist, ist diese Figur bis heute in der modernen populären Kultur anzutreffen. Meine These ist, dass ihre beharrliche Existenz in der zeitgenössischen Kultur einen imaginären Fluchtpunkt für das moderne Subjekt markiert. Der vorgestellt mythische Raum der Gesetzlosigkeit, die Wildnis, scheint frei zu sein von den Einschränkungen des modernen Lebens. Die romantische Idee durch die Wälder zu streifen oder auf einem Piratenschiff über die Weltmeere zu kreuzen ist verbunden mit der Vorstellung einer ursprünglichen Freiheit und einer vorgesetzlichen Gerechtigkeit.
Die Bande der Gesetzlosen, die sich in dieser Wildnis konstituiert, fungiert als Gegenmodell zur bürgerlichen Gesellschaft und deren bürokratischen Herrschaft. Ausgewählte Texte über Räuber und Gesetzlose werden daraufhin untersucht, ob die Bande als „imagined community“ (Benedict Anderson) und als Alternative zu Staat und Nation entworfen wird, in der Gemeinschaft nicht auf abstrakten Prinzipien (Sprache, Kultur, Territorium, Recht), sondern auf interpersonellen Affinitäten und Abhängigkeiten basiert.