Christian Kühner (Stipendiat 01.12.2006 - 30.11.2009)
Freundschaft im französischen Adel im 16. und 17. Jahrhundert (Familie Bourbon-Condé)
Aktuelle Tätigkeit
Max Weber Fellow am European University Institute in Florenz
Angaben zur Person
Geboren 1979 in Baden-Baden
Schule und Studium
1998 Abitur
1998-1999 Zivildienst
1999-2006 Studium der Geschichte, Romanistik und Politologie an den Universitäten Freiburg i. Br. und Paris IV (Sorbonne)
2003 Licence d’histoire (Paris IV)
2006 Staatsexamen
2006 Magister Artium
2006-2010 Promotion (deutsch-französische Cotutelle) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und an der Ecole des hautes études en sciences sociales (E.H.E.S.S.)
seit 2010 Max Weber Fellow, EUI Florenz
Stipendien
1999-2006 Förderung durch die Studienstiftung des deutschen Volkes
2002-2003 DAAD-Stipendium „Historiker, Politologen und Wirtschaftswissenschaftler nach Frankreich“
seit 2006 Promotionsstipendium der DFG im Rahmen des Graduiertenkollegs „Freunde, Gönner, Getreue“
seit 2007 ideelle Promotionsförderung durch die Studienstiftung des deutschen Volkes
seit 2007 Cotutelle-Zusatzstipendium der Deutsch-französischen Hochschule
Mitgliedschaften
- Internationale Gesellschaft für Kulturgeschichte (Gründungsmitglied)
- Western Society for French History
Veröffentlichungen
Aufsätze in Sammelbänden
- “Mapping the Grand Condé’s Networks”, in: Marko Lamberg/Marko Hakanen/Ulla Koskinen (Hg.), Mapping Early Modern Spaces (im Druck).
- „Der Grand Condé als europaweit tätiger Akteur“, in: Hillard von Thiessen/Christian Windler (Hg.), Aussenbeziehungen in akteurszentrierter
- Perspektive: Verflechtung – Gender – Interkulturalität, erscheint voraussichtlich Köln/Weimar/Wien (im Druck).
Internet-Publikationen
- „Freundschaft im französischen Adel im 17. Jahrhundert“, in: www.perspectivia.net (in Vorbereitung).
Lexikonartikel
- Artikel „Prinzgemahl“ in der Enzyklopädie der Neuzeit Bd. 10 (in Vorbereitung).
Tagungsberichte
- Konzepte der Freundschaft. 27.06.2008-28.06.2008, Feldberg-Altglashütten. In: H-Soz-u-Kult, 05.09.2008, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=2245>.
Rezensionen
- Ariane Boltanski, Les Ducs de Nevers et l'Etat royal. Genèse d'un compromis (ca 1550 - ca 1600), Genf 2006, in: sehepunkte 7 (2007), Nr. 9 [15.09.2007], URL: http://www.sehepunkte.de/2007/09/13298.html
- Klaus Oschema (Hg.), Freundschaft oder „amitié“? Ein politisch-soziales Konzept der Vormoderne im zwischensprachlichen Vergleich, Berlin 2007 (Zeitschrift für Historische Forschung, Beiheft 40), in: FRANCIA-RECENSIO (im Druck).
- Sharon Kettering, Power and reputation at the court of Louis XIII. The career of Charles d’Albert, duc de Luynes (1578-1621), Manchester/New York 2008, in: Zeitschrift für Historische Forschung (in Vorbereitung).
Unveröffentlichte Konferenzbeiträge
- „Konzeptionen und soziale Praxis von Freundschaft im frühneuzeitlichen Frankreich“, Kulturgeschichtetag, Linz, September 2007.
- “Friendship in the Early Modern French Nobility”, European Social Science History Conference, Lissabon, März 2008.
- „New Perspectives on Early Modern Aristocratic Friendship: A Cultural History Approach“, Inaugural conference of the International Society for Cultural History, Gent, August 2008.
- “’Je suis à vous de tout mon cœur’: An Inquiry into Aristocratic Friendship in the Grand Siècle”, Western Society for French History, Thirty-sixth Annual Meeting, Quebec City, November 2008.
Vorträge
- „Freundschaft im französischen Adel im 16. und 17. Jahrhundert“, Gemeinsames Kolloquium der Lehrstühle für Geschichte der Frühen Neuzeit der Universitäten Freiburg i. Br. und Bern, Freiburg i. Br., Dezember 2006.
- „L’amitié dans la noblesse française aux 16e et 17e siècles“, Doktorandenkolloquium des Forschungsbereichs „Sociologie, histoire, anthropologie des dynamiques culturelles (SHADYC)“ an der E.H.E.S.S., Marseille, April 2007.
- „Freundschaft im französischen Adel im 16. und 17. Jahrhundert am Beispiel des Umkreises der Familie Bourbon-Condé“, Oberseminar „Aktuelle Forschungskontroversen und Methodendiskussionen zur Geschichte der Frühen Neuzeit“ an der Universität Gießen, Mai 2007.
- „Freundschaft im französischen Adel im 16. und 17. Jahrhundert am Beispiel des Umkreises der Familie Condé“, Kolloquium des Graduiertenkollegs „Freunde, Gönner, Getreue“ an der Universität Freiburg i. Br., Juli 2007.
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„Freundschaft im französischen Adel im 16. und 17. Jahrhundert“, Kolloquium des Promotionskollegs „Geschichte und Erzählen“ an der Universität Freiburg i. Br., Juli 2007.
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„Öffentlichkeit, Privatheit und Emotionalität in der höfischen Gesellschaft“, Seminar „Öffentlichkeit und Privatheit“ des Graduiertenkollegs „Freunde, Gönner, Getreue“, Wiesneck, Oktober 2007.
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“Mapping the Networks of Louis de Bourbon, Prince de Condé (1621-1686)”, 2. Internationales Milestone-Colloquium der Internationalen Graduiertenakademie der Universität Freiburg i. Br., St. Ulrich, November 2007.
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„Les rituels de l’amitié nobiliaire en France au XVIIe siècle”, Seminar Prof. Dr. Christine Lebeau, Université de Paris I (Panthéon-Sorbonne), Februar 2008.
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„Rituels et gestes de l’amitié nobiliaire en France au XVIIe siècle”, Centre Marc Bloch, Berlin, Juni 2008.
Dissertationsprojekt: Freundschaft im französischen Adel im 16. und 17. Jahrhundert (Familie Bourbon-Condé)
Betreuer: Prof. Dr. Ronald G. Asch
Tutor: Prof. Dr. Wolfgang Essbach
Das Dissertationsprojekt untersucht die Freundschaft im französischen Adel des 16. und 17. Jahrhunderts anhand dreier Leitfragen: Wie wurde Freundschaft von den Adligen konzeptualisiert? Welche Funktionen hatte Freundschaft für die Adligen? In welchen Praktiken drückte Freundschaft sich aus?
Untersucht werden sollen also Repräsentationen, Funktionen und Praktiken sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen drei Dimensionen. Dem entspricht die Kombination von ideengeschichtlicher, sozialgeschichtlicher und kulturgeschichtlicher Herangehensweise.
Unter dem ersten Aspekt soll untersucht werden, welche Bedeutungen der Begriff der „amitié“ im Diskurs der behandelten Epoche hatte; dabei wird vermutet, daß eine Vielzahl einander zwar durchaus ähnlicher Sozialbeziehungen „amitié“ heißen kann, es aber unmöglich ist, von ihnen „den“ Idealtyp der frühneuzeitlichen Adelsfreundschaft abzuziehen. Die Untersuchung des Begriffs selbst führt auf das Vokabular der Freundschaft, wobei nach Topoi der Freundschaft gesucht werden soll, die auch in anderen als den untersuchten Fällen Aufschlüsse bieten könnten. Zu beachten ist dabei der Einfluß preziösen Vokabulars im 17. Jahrhundert, in dessen Sprache Affektdämpfung als vornehm empfunden wird. Zu untersuchen ist auch das Verhältnis der Freundschaft zu anderen wichtigen Diskursen im adligen Denken, insbesondere zu Rang und Ehre.
Der zweite Aspekt untersucht die ökonomischen, machtpolitischen und militärischen Funktionen von Freundschaft. In Netzwerken der Freundschaft – die von Patronagenetzwerken nicht zu trennen sind, weil viele der als „Freundschaft“ bezeichneten Beziehungen auf der funktionalen Ebene solche von Patron und Klient sind – werden Güter, Geld, Macht und Schutz mit Waffen als Austauschressourcen eingesetzt. Ämterbesetzungen und Kreditvergabe laufen über Freundschaftsnetzwerke; über diese können auch kaskadenartig durch Mobilisierung der Freunde der Freunde große Heere gebildet werden – sowohl zum Dienst am Monarchen als auch zur Revolte.
Der dritte Aspekt widmet sich den Ritualen, Gesten und Symbolen der Freundschaft. Ritualisierte Praktiken sind z.B. die feierliche Schließung von Freundschaft, manchmal sogar unter Eid und vor Zeugen und ebenso der förmliche Bruch mit dem Freund. Freundschaft manifestiert sich auch in vielen Gesten wie z.B. Umarmungen, Briefen und Geschenken. Letztere können zu Symbolen der Freundschaft werden – was nicht ausschließt, daß auch ihr materieller Wert hoch ist und sie deshalb auch eine Austauschressource sind.
Das Beispiel, an dem der obengenannte Ansatz erprobt werden soll, bildet die Familie Condé. Da sie eine der wichtigsten Adelsfamilien ist, darf vermutet werden, daß ihr Umgang mit Freunden ähnlich ist wie bei anderen Magnaten und mit diesen zusammen stilbildend für Freundschaften im niederen Adel. Die Condé sind sowohl an den Religionskriegen als auch an der Fronde führend beteiligt, schaffen es aber dennoch, sich unter Ludwig XIV. in die Gesellschaft der „absolutistischen“ Monarchie zu integrieren.
Das heute im Staatsbesitz befindliche Familienarchiv der Condé in Chantilly verfügt über reichhaltige Korrespondenzbestände, wobei sowohl aktive als auch passive Korrespondenz erhalten ist. Darüber hinaus sollen als weitere Quellen adlige Memoiren und Autobiographien herangezogen werden, die unter den Adligen kursierten; es darf vermutet werden, daß sie adlige Selbstbilder und auch adlige Vorstellungen von Freundschaft beeinflußten.