Bernadette Descharmes (Stipendiatin 01.12.2006 - 30.11.2009)
Rächer und Gerächte. Rache als soziale Praxis im Archaischen und Klassischen Griechenland
Aktuelle Tätigkeit
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Seminar
der TU Braunschweig
Angaben zur Person
Geboren 1978 in Pforzheim
Kontakt: b.descharmes@tu-bs.de
Studium
1998- 2000 Studium der Alten, Mittleren und Neueren Geschichte und Anglistik an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg
2000-2001 Studium der Alten Geschichte und Anglistik am Royal Holloway College (University of London)
2001-2005 Studium der Alten, Neueren und Neuesten Geschichte und Anglistik an der Humboldt-Universität zu Berlin
SS 2005 Wissenschaftliche Hilfskraft und Tutorin am Institut für Geschichtswissenschaften (Alte Geschichte) an der Humboldt-Universität zu Berlin
Juni 2005 Erlangung des akademischen Grades Magistra Artium
Magisterarbeit zum Thema „Rache bei Homer. Form, Funktion und gesellschaftliche Problematik des Vergeltens“ betreut von Prof. Dr. Elke Hartmann
Tätigkeiten
WS 2005/ 2006 Lehrbeauftragte am Institut für Geschichtswissenschaften (Alte Geschichte) an der Humboldt-Universität zu Berlin
Publikation
Bernadette Descharmes: Rezension zu: Luther, Andreas (Hrsg.): Geschichte und Fiktion in der homerischen Odyssee. München 2006. In: H-Soz-u-Kult, 22.05.2007, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-2-105
Bernadette Descharmes: Rezension zu: Luther, Andreas (Hrsg.): Odyssee-Rezeptionen. Frankfurt am Main 2005. In: H-Soz-u-Kult, 13.12.2006, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2006-4-195
Dissertationsprojekt: Rächer und Gerächte. Rache als soziale Praxis im Archaischen und Klassischen Griechenland
Erstbetreuer: Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke
Tutor: Prof. Dr. Wolfgang Eßbach
Die althistorische Forschung hat sich in den letzten Jahren verstärkt der Annahme zugewandt, dass die Rache weniger als Vorform der Strafe zu verstehen ist, sondern mit letzterer durchaus koexistiert. Hier will das Dissertationsprojekt ansetzen, indem es weniger den Bezug zur Rechtsgeschichte sucht, vielmehr Rachehandlungen und ihre Relevanz im Kontext von Zugehörigkeitsverhältnissen erforscht.
Im Mittelpunkt steht dem gemäß die Erörterung von Praxisformen und Verhaltensdispositionen in den diversen sozialen Bindungsverhältnissen. Die Dissertation will Rache als Feld untersuchen, in dem Rachehandlungen auf Strategien zurückzuführen sind und nach spezifischen „Spielregeln“ erfolgen. Sie fragt, wer für wen Rache übt, aus welchem Grund und mit welchem Ziel. Welchen Stellenwert kommen emotionalen Begleiterscheinungen, Gefühlen wie Zorn und Trauer dabei zu? Inwiefern handelt der Rächende aus einer Verpflichtung heraus und inwiefern aus Affekt? Diese Fragen beziehen sich auf die Zugehörigkeitsverhältnisse des oikos, der philoi bzw. der philotes und auf das der Polis.
In Hinsicht auf das Leitthema des Graduiertenkollegs geht es um die Gründe, aus denen ein Freund zur Rache bewegt wird. Inwiefern rächt er sich aus eigener Verantwortung, inwiefern aus freundschaftlicher Pflicht? In welchen Bereichen des Lebens verlangt und erfährt der Einzelne diese Loyalität? Kann Rache eine Freundschaft festigen? Kann sie umgekehrt eine Freundschaftsverbindung aufbrechen? Und was sind die Konsequenzen eines Konflikts zwischen philoi? Es werden in den diversen Zugehörigkeitsverhältnissen also auch die Auswirkungen der Rache diskutiert.
Zwei Vergleichsebenen ermöglichen zum einen, das Verhältnis der unterschiedlichen Loyalitäten zu erörtern, indem die Beziehungsverhältnisse in Bezug zueinander gesetzt werden. Zum anderen erlaubt die diachrone Analyse durch eine breit angelegte Quellenuntersuchung von Epos, Drama und Gerichtsreden, Transformationen der Rachepraktiken zu untersuchen.
Das Projekt erhellt das dynamische Spannungsfeld integrierender wie desintegrierender Kräfte. Es betrachtet Bindungsverhältnisse aus dieser Perspektive und versteht sich somit als Beitrag zur Sozialgeschichte des archaischen und klassischen Griechenlands. Zugleich kommt es dem Phänomen der Rache näher, dessen historischer Stellenwert eine Verortung verlangt.
E-Mail: bernadette.descharmes@grk-freundschaft.uni-freiburg.de