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Thomas Loy (Stipendiat 01.06.2006 - 31.05.2009)

Dissertationsprojekt: Vera amicitia - Zur Transformation vorchristlicher Freundschaftskonzeptionen bei Augustinus

Angaben zur Person                                        

Studium

Seit Juni 2006: Doktorandenstipendium

am DFG-Graduiertenkolleg „Freunde, Gönner und Getreue”  mit einem Dissertationsprojekt zur Transformation der antiken Freundschaftskonzeptionen unter dem Einfluss des Christentums in der Spätantike.

 

2005: Staatsexamen

Wissenschaftliche Arbeit über das Verhalten der deutschen und französischen Bischöfe zur Judenverfolgung, betreut von Prof. Dr. Heribert Smolinsky.

2003/04: Akademisches Jahr in Frankreich

Studium an der Université Paris VII Denis Diderot und am Institut Catholique de Paris.

 

1999-2005: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Studium der Fächer Geschichte, katholische Theologie und Französisch.

 

Publikationen

Loy, Thomas: Platonischer Protest? Die Haltung der deutschen und französischen Bischöfe zur Judenverfolgung, Stuttgart 2008.

 

 

 

 


Dissertationsprojekt zur Transformation klassischer Freundschaft und Klientel unter dem Einfluss des Christentums in der Spätantike (Augustinus)

 

Betreuer: Prof. Dr. Aloys Winterling (HU Berlin); Prof. Dr. Stefan Rebenich (Bern)

Tutor: Prof. Dr. Thomas Zotz (Freiburg)

 

In dieser Dissertation geht es um die Transformation der antiken Freundschafts- und Patronageverhältnisse unter dem Einfluss des Christentums in der Spätantike.
In dieser Zeit gewaltiger und folgenschwerer Umbrüche, in der das Römische Reich der Teilung und Zersplitterung ausgesetzt war und die antike politische Ordnung sich auflöste, kam es zu einer Christianisierung des Denkens, die auch die soziale Ordnung der amicitia beeinflusste. Auch wenn christliche Autoren der Zeit sich in ihrem literarischen Schaffen auf den formalen und z.T. auch inhaltlichen Boden der paganen antiken Tradition stellten, erlebte die Semantik von Freundschaft und Patronage einen starken Bedeutungswandel, da sie nun ideologisch mit neuen religiösen, nämlich christlichen Inhalten gefüllt wurde.
Daher erweist es sich als unerlässlich, in einem ersten Teil der Arbeit auf die Freundschaftskonzeptionen einzugehen, wie sie in der klassisch paganen Epoche entwickelt worden sind. Exemplarisch sollen in der Arbeit Aristoteles und Cicero behandelt werden, da sie sich ausgiebig diesem Thema gewidmet haben. Schon Aristoteles bezeichnete die Tugendfreundschaft als die Urfreundschaft, da in ihr sowohl die Nutzen- als auch die Lustfreundschaft enthalten sind. Grund für diese Freundschaft ist aber die Liebe zum Guten selbst. Den Freund bezeichnet er als anderes Selbst, da es eine wahre Freundschaft nur in der „gleichartigen Bewegung der Selbstverwirklichung“ geben kann. Sein eigenes Ich kann der Mensch erst finden, wenn er in einem Freund sein Ich wiederentdeckt.
Diese Konzeption hat später Cicero in Rom vermittelt, wo Freundschaft insbesondere durch die Patron-Klient-Beziehungen geprägt war. Cicero verleiht der Freundschaft nun erstmals einen philosophischen Überbau. Die römische amicitia, die bis dahin v.a. durch die praktischen Interessen der Beteiligten geprägt war und sich formal an den gegenseitigen Leistungen objektivierte, wird nun inhaltlich bestimmt. In seinem Laelius, einer Schrift, die er eigens dem Thema Freundschaft gewidmet hat, definiert Cicero die Freundschaft als „omnium divinum et humanorumque rerum cum benevolentia et caritate consensio“ (Lael. 20). Die virtus wird zur Basis einer guten und dauerhaften Freundschaft. Wo dieser Wertbezug der Freundschaft zur virtus aufgegeben wird, wo sie zur blinden Ergebenheit an einen andern Menschen wird, war sie schon eine Gefahr für den Staat.
Ciceros Definition wird in der Spätantike fast wörtlich von Augustinus übernommen. Augustinus gilt als einer der bedeutendsten Denker und ragt unter den theologischen, philosophischen und philologischen Größen seiner Zeit hervor. In all diesen Bereichen kann seine Bedeutung kaum unterschätzt werden, weshalb ich mir ihn und sein Werk zum Gegenstand meiner Untersuchung machen möchte. In seiner intellektuellen Entwicklung vollzog sich der Übergang von der Antike zum Mittelalter, die Vermittlung der antiken Deutungen von Freundschaft an das Mittelalter und ihre Verbindung mit der biblischen Vorstellung war im wesentlichen sein Werk. Obwohl der große Kirchenvater keines seiner Werke eigens der Freundschaft gewidmet hat, lässt sich dennoch eine augustinische Freundschaftskonzeption rekonstruieren, hat er sich doch in seinen zahlreichen Schriften immer wieder zum Thema geäußert. Dabei hat er wie selbstverständlich auf die Antiken Autoren, mit denen er im Laufe seiner Ausbildung in Berührung kam, zurückgegriffen. Ihnen weist er die Funktion eines Propädeutikums zu, das dem gläubigen Christen ein Instrumentarium zum Verständnis der christlichen Glaubensinhalte vermittelt. Auch Augustinus greift auf Altbewährtes zurück und stellt es nun in das Licht und den Dienst des Evangeliums.
Ziel der geplanten Dissertation ist es, die Entwicklungslinien von der klassischen Zeit bis zur christlichen Spätantike detailliert nachzuziehen und den Bedeutungswandel der Semantik in spätantik-christlicher Zeit herauszuarbeiten. Dabei erscheint mir auch die Frage, wie Augustinus in diesem Zusammenhang mit der christlichen Forderung nach Nächsten-, ja sogar Feindesliebe umgeht, besonders wichtig.
Einem zweiten Aspekt der Transfiguration der klassischen Semantik von Freundschaft und Patronage soll außerdem nachgegangen werden: Der Umdeutung des klassischen Klientelwesens. Zum einen übten in der Spätantike reiche und einflussreiche christliche Patrone zunehmend auch innerhalb der Kirche Ämterpatronage aus, zum anderen wurden im aufkommenden christlichen Heiligenkult Strukturen der säkularen Patronage übernommen: Im Jenseits fungierten Arme als Fürsprecher für ihre irdischen Patrone und Helfer bei Gott. Darüber hinaus entstanden in der christlichen Spätantike auch die neuen Patrone: Wieder ist es Augustinus, der die Funktion der Heiligen und Märtyrer als Fürsprecher bei Gott in seinem Gottesstaat ideologisch untermauert. Die kultische Verehrung wir zur obsequia religiosorum und der Fürsprache der intercessores ist es zu verdanken, dass die Menschen die beneficia Gottes empfangen. Die sprachlichen Entlehnungen aus der paganen Terminologie sind evident. Die mächtigen und einflussreichen Patrone der römischen Klientel werden in christlicher Zeit gleichsam in „den Himmel“ verlegt. Was auf Erden der Kaiser als der höchste und mächtigste Patron war, ist im Jenseits Christus.
Methodisch soll dabei nach einer derzeit noch wenig verbreiteten Fragestellung, nämlich nach der Frage nach der Relation von Gesellschaftsstruktur und Semantik, vorgegangen werden, einer wissenssoziologischen Unterscheidung, wie sie von Niklas Luhmann prominent vertreten worden ist. Ebenso kommen darin dessen Überlegungen zur Ideenevolution zum Tragen.

 

 

 

Kontakt: thomas.loy@grk-freundschaft.uni-freiburg.de

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